“An apple a day keeps the doctor away” - Bereits jedes Kind weiß, dass Obst gesund ist und täglich auf dem Speiseplan stehen sollte. Dieser Ruf bestätigt in mancherlei Ohren die Annahme, dass die von der DGE empfohlenen 5 Portionen Obst oder Gemüse pro Tag [1] auch gerne großzügig durch Obst gedeckt werden dürfen. Da können die Schlagzeilen des Focus’ “Die Obstlüge: Wann Früchte genauso schädlich sind wie Schokolade oder Alkohol” [2] durchaus überraschen und auch verunsichern.
Was ist also dran am Mythos Obst? Wieviel ist wirklich gesund und welche Punkte gibt es bei der Auswahl zu beachten?
Die Inhaltsstoffe von Obst
Ein Blick in die Früchtchen hilft hier weiter. Obst besteht zu einem großen Teil aus Wasser. Rund 85 % eines Apfels oder einer Himbeere sind Wasser und bei einer Wassermelone finden wir sogar 90 % Wassergehalt [3]. Damit sind sie grundsätzlich als kalorienarm zu beschreiben. Was ansonsten drinsteckt, das unterscheidet sich nach Sorte und Reifegrad zum Teil enorm. Vitamine, allen voran natürlich auch Vitamin C, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe, die unter anderem für die Farbe verantwortlich sind, finden wir in Obst. Dazu kommt ein Ballaststoffanteil, der sich im Bereich von 3-4 % bewegt. Fett und Protein ist in Obst für gewöhnlich nur in winzigen Mengen zu finden. Dafür jedoch Kohlenhydrate in Form von Fruchtzucker.
Der Fruchtzuckergehalt von Obst
Der Fruchtzucker ist das, was das Obst für viele von uns liebenswerter macht, als das Gemüse - denn es macht die Früchte süß. Während uns 100 g Himbeeren nur 4,4 g Zucker liefern, sind es bei 100 g Weintrauben bereits 16 g. Gar nicht wenig, wenn man sich vor Augen führt, dass 16 g Zucker bereits mehr als 5 Würfelzucker entsprechen - und 100 g sind schnell verputzt.
Die Diskussion darüber, ob Fruchtzucker schädlicher oder besser als “normaler” Zucker, sprich Haushaltszucker oder Saccharose, ist, reißt nicht ab. Normaler Zucker wird durch Insulin in unsere Zellen geschleust und beeinflusst so auch unseren Blutzuckerspiegel. Fruchtzucker hingegen kommt weitestgehend ohne Insulin aus. Dafür landet er in unserer Leber und kann, in hohen Mengen, auch hier zur Ansammlung von überschüssigen Kalorien in Form von Fettdepots führen [4]. Wichtig zu erkennen ist es jedoch, dass es sich bei solchen Studien vornehmlich um isolierten und zugesetzten Fruchtzucker beispielsweise in Limonaden oder Süßigkeiten, nicht aber um ganzes Obst, handelt.
Beim Thema Fruchtzucker gilt trotzdem: Die Dosis macht das Gift! Denn laut offizieller Empfehlung sollten es eben doch nur 2 Stück Obst pro Tag sein. Ein Stück entspricht dabei rund 125 Gramm - und das ist herrlich wenig, wenn es um eine große Wassermelone an einem heißen Sommertag geht. Hast du schon mal nachgewogen? Es lohnt sich!
Übrigens ist besondere Vorsicht bei flüssigem Obst, also Säften, Schorlen oder Limonaden geboten. Denn hier nehmen wir, ohne Sättigung zu verspüren, sehr schnell sehr viel Fruchtzucker zu uns [4]. Und auch diese Portion Obst zählt zu den “2 am Tag”. Durch das Pressen gehen zudem wichtige Ballaststoffe verloren, die in einem ganzen Stück Obst noch enthalten sind. Zu Trinken sollte es daher ausschließlich Wasser, ungesüßten Tee oder ausnahmsweise eine ganz besonders dünne Schorle sein.
Unser Tipp: Immer mehr Gärtnereien oder Bauern setzen auch auf alte Sorten. Solltest du die Möglichkeit haben von ihnen zu kosten, dann solltest du diese Möglichkeit unbedingt nutzen. Der Unterschied ist ein Geschmackserlebnis für sich!
Giftige Früchtchen
Spätestens seit Veröffentlichung der “Dirty Dozen”, also der 12 am meisten mit Pestiziden belasteten Obst- und Gemüsesorten, sollte die Botschaft bei jedem angekommen sein. Denn in dieser Liste stehen viele unserer liebsten Klassiker: Äpfel, Erdbeeren, Weintrauben und Kirschen sind unter anderem mit dabei. Ein Grund mehr auch hier näher hinzuschauen.
In einer Untersuchung der Arbeiterkammer Wien wurden von 50 Produkten immerhin bei 64 % Pestizide über der Bestimmungsgrenze festgestellt. Bei Obst lagen sogar 88 % über der Bestimmungsgrenze [5]. Bei Lebensmittel aus biologischer und ökologischer Landwirtschaft sind die Werte zwar besser, aber auch in vielen Fällen sind Belastungen nachweisbar [6].
Zumindest im Falle der Dirty Dozen lohnt es sich also, in biologisch angebaute Ware und damit auch in die eigene Gesundheit zu investieren. Zudem sollte Obst grundsätzlich gut gewaschen und die Schale abgerubbelt werden. So lassen sich Rückstände reduzieren. Ein besonderer Tipp von Forschern aus Massachussets: Mit etwas Natron im Waschwasser lassen sich Pestizidrückstände besonders effektiv reduzieren. Allerdings ist hierfür eine Einwirkzeit von 15 Minuten nötig [7].
Alles andere als regional
Der gute Apfel aus deutschem Anbau? Längst nicht mehr der Standard, wenn man die Obstregale im Supermarkt genauer betrachtet. Denn viele der leuchtenden und knackigen Früchtchen wird im Ausland angebaut und nach Deutschland exportiert. So findet sich durchaus auch der Apfel aus Südafrika im Handel. Da in anderen Ländern jedoch auch andere Regeln für Pestizide etc. gelten, ist auch hier Vorsicht angebracht.
Unser Tipp: Der Bauer von nebenan oder der Wochenmarkt in der nächsten Stadt ist die optimale Anlaufstelle, um ganzjährig Obst aus der Region zu beziehen.
Unser Fazit:
So verführerisch frisches Obst für uns und unsere Kinder auch sein mag, auch hier gilt es die richtige Balance zu finden. 2 Portionen Obst und mindestens 3 Portionen Gemüse sind ein guter Anhaltspunkt, um nicht zu viel Fruchtzucker zu sich zu nehmen. Zudem lohnt es sich, auf regionale und am besten auch auf biologische Ware zu setzen, um die Schadstoffbelastung zu reduzieren. Gutes Waschen ist trotzdem unerlässlich, denn selbst an Bio-Produkten sind oft Rückstände vorhanden [6]. Obst liefert uns wichtige Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe, doch mehr über das empfohlene Maß hinaus ist hier definitiv nicht auch besser. Zudem sollten immer ganze Früchte gegessen werden. Säfte, Schorlen und Smoothies empfehlen wir, aufgrund der großen Mengen an isoliertem Fruchtzucker, zu meiden.
Quellen:
[1] Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.: 5 am Tag. Online abrufbar unter: https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/5-am-tag/
[2] Preuck, M.: Die Obstlüge: Wann Früchte genauso schädlich sind wie Schokolade und Alkohol. Focus online, 2017. Online abrufbar: https://www.focus.de/gesundheit/ernaehrung/gesundessen/von-wegen-gesund-obstluege-warum-obst-nicht-besser-ist-als-schokolade-und-alkohol_id_6657563.html#:~:text=Zwei%20Portionen%20Obst%20pro%20Tag,pro%20Tag%20gef%C3%A4hrlich%20werden%20kann
[3] Hauswirtschaft.info: Obst. Online abrufbar: https://www.hauswirtschaft.info/ernaehrung/obst.php#:~:text=Inhaltsstoffe,(Rohr%2D%2C%20R%C3%BCbenzucker)
[4] Diabetiker Niedersachsen e.V.: Wie Fruktose die Leber verfettet. 2021. Online abrufbar: https://www.diabetiker-nds.de/news/meldung/news/wie-fruktose-die-leber-verfettet
[5] Arbeiterkammer Wien: Rückstände von Schädlingsbekämpfungsmitteln. 2018. Online abrufbar: https://wien.arbeiterkammer.at/beratung/konsumentenschutz/essenundtrinken/Rueckstaende_von_Schaedlingsbekaempfungsmitteln_2018.pdf
[6] BVL Lebensmittelhandel: Pestizide - Chemikalien im Obst. Online abrufbar: https://lebensmittelhandel-bvl.de/pestizide-chemikalien-im-obst/
[7] Yang, T. et al.: Effectiveness of Commercial and Homemade Washing Agents in Removing Pesticide Residues on and in Apples. J. Agric. Food Chem. 2017, 65, 44, 9744–9752. October 25, 2017. Online abrufbar: https://doi.org/10.1021/acs.jafc.7b03118