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Beliebte Irrtümer der westlichen Ernährung

Schnitzel mit Pommes, Spätzle mit Soße, Würstchen mit Kartoffelsalat - von Kindesbeinen an lernen wir die Essgewohnheiten und Lieblingsgerichte unserer Eltern, Großeltern und Geschwister kennen. Und diese prägen uns meist unser Leben lang! Zieht man dabei einen Vergleich zwischen unterschiedlichen Ländern, so wird schnell klar, wie einzigartig die Gepflogenheiten von Land zu Land sind. 

Wir wollen heute den Maßstäben der westlichen Ernährungsweise auf den Grund gehen - welche weit verbreiteten Annahmen stimmen und welche entpuppen sich als Irrtümer in gesundheitlicher Hinsicht?

 

Irrtum Nr. 1: „5 Portionen Obst und Gemüse am Tag sind gesund“ [1]

Schon von Kindesbeinen an wird uns erzählt, dass viel Obst (und Gemüse) gesund ist. Doch vor allem für Kinder und Süßschnäbel sehr verführerisch, die “5 am Tag” großzügig durch Obst abzudecken und am Gemüse zu sparen.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst pro Tag zu essen. Ein durchschnittlich großer Apfel enthält fast 9 g Zucker [2]. Das entspricht drei Zuckerwürfeln. Mit einer Banane normaler Größe nehmen wir fast 25 g Zucker zu uns. Wenn wir uns also an einem Tag für einen Apfel und eine Banane entscheiden, nehmen wir nicht nur Vitamine, sondern auch mehr als elf Zuckerwürfel zu uns. Und das klingt gar nicht mal so wenig, oder? Ersetzen wir eine weitere der ungeliebten Gemüseportionen durch Obst und trinken noch etwas Limonade oder Fruchtsaft, dann häuft sich die Menge an Zucker rasant an. Vor allem Fruchtzucker in Form von Getränken ist dabei nicht besser zu bewerten als gewöhnlicher Haushaltszucker [3].

Aufgrund der wertvollen Vitamine und anderer wichtiger Mikronährstoffe sollten wir Obst natürlich nicht komplett von unserem Speiseplan verbannen. Wir müssen uns nur bewusst machen, dass die Menge ausschlaggebend ist. Zwei Portionen Obst in seiner natürlichen, unverarbeiteten Form pro Tag sind als gesundheitsfördernd zu bewerten - die restlichen drei sollten aber durch Gemüse abgedeckt werden.

 

Irrtum Nr. 2: „Säfte und Smoothies sind gesund“:

Das Glas Apfel- oder Orangensaft, eine Fruchtsaftschorle oder neuerdings auch ein trendiger Smoothie sind aus unseren Kulturkreisen kaum wegzudenken. Und, wie soeben festgestellt, ist Obst in einer bestimmten Menge gesund. Doch in Sachen Saft sehen wir einer neuen Tatsache ins Gesicht: Denn hier haben wir es mit zum Teil hoch verarbeitetem Obst zu tun! Vermeintliche Experten im Netz teilen zwar Rezeptideen mit Aussagen wie: „Smoothies als Vitaminbomben“ oder „Fit und schlank mit Smoothies“. Was sie dabei nicht erwähnen ist, dass Smoothies eben nicht nur Vitamin- sondern gleichzeitig auch Zuckerbomben sind – auch wenn sie selbstgemacht sind. Somit kann auch die überschüssige Energie aus Säften und Smoothies in Fettdepots umgewandelt werden und dann in der Leber eingespeichert werden [4].

Das Problematische an Obstsäften und Smoothies ist, dass die Menge an Obst pro Trinkportion viel größer ist, als wir normalerweise essen würden. Denn die sättigenden Ballaststoffe, die auch den Zuckergehalt abfedern, sind nicht mehr vorhanden. Notiere dir als kleines Experiment die Menge an Obst, die in einem Smoothie enthalten ist und recherchiere den Zuckergehalt. Rechne das Ergebnis in Würfelzucker um. Drei Gramm Zucker entsprechen einem Würfelzucker. Glaub uns – das Ergebnis wird dich schockieren!

 

Irrtum Nr. 3: „Low Carb als gesunder Schlankmacher“:

Bei Kohlenhydraten denken wir in der westlichen Ernährung oft an Brot, Kartoffeln und Nudeln, die den Ruf haben, dick und damit krank zu machen. Umso populärer ist in unseren Kreisen der Tipp, sich bei Kohlenhydraten einzuschränken, um erfolgreich abzunehmen. Was dann vor allem auf den Teller kommt, sind Quark oder andere Milchprodukte, Fleisch, Fisch, Low-Carb- und High-Protein-Produkte. Die Folge: Mehr Protein, dafür auch viele gesättigte Fettsäuren, weniger Ballaststoffe und weniger sekundäre Pflanzenstoffe.

Eine Studie aus dem Jahr 2018 hat untersucht, inwieweit der Kohlenhydratanteil in der Ernährung das Sterblichkeitsrisiko beeinflusst. Die Ergebnisse sind erstaunlich. Sowohl ein deutlich geringer, als auch ein deutlich höherer Verzehr an Kohlenhydraten war langfristig mit einem höheren Sterblichkeitsrisiko verbunden [6]. Bei 50% des Tagesbedarfs an Kalorien aus Kohlenhydraten war das Risiko am geringsten. Bei “Low Carb”, also einem niedrigen Kohlenhydratanteil, ist die Art der restlichen Ernährung von besonderer Bedeutung. Sofern die fehlenden Kohlenhydrate durch pflanzliche Lebensmittel ersetzt wurden, wurde das Sterblichkeitsrisiko geringer [6]. Mehr tierische Lebensmittel erhöhen dieses hingegen [6].

Wie wir auch beim Blick auf die Ernährungsgewohnheiten anderer Länder sehen können, sind vor allem die Kohlenhydratquellen ausschlaggebend. Süßkartoffeln und Vollkornreis sind in asiatischen Ländern Grundnahrungsmittel. Mehr unverarbeitete Kohlenhydrate aus Vollkorn, Hülsenfrüchten und stärkehaltigen Gemüsesorten sind die sinnvolle Alternative zu Extremen wie “Low-Carb” und zu unseren klassisch westlichen Sättigungsbeilagen.

 

Irrtum Nr. 4: Ein zünftiges Abendbrot darf es sein

Butterbrot, Wurstwaren und ein Stück Käse - das gehört zu einem ordentlichen Abendbrot mit dazu. Und zu einer gesunden Ernährung gehört auch ein gewisser Anteil an Fett. Folgt man den Empfehlungen der DGE, so sollen 30-35% unseres täglichen Bedarfs durch Fette gedeckt werden. Zwar überschreiten wir diesen Referenzwert laut Untersuchungen nur minimal - dafür ist die Zusammensetzung der Fette, die wir zu uns nehmen, aber äußerst ungünstig [7]. Denn Butter, Käse- und Wurstaufschnitt enthalten hauptsächlich gesättigte Fettsäuren. Dabei sollten wir mehrfach ungesättigte Fettsäuren, wie sie in Seefisch, Nüssen und Samen vorkommen, zu uns nehmen. Sie senken die Gesamtkonzentration und vor allem die LDL-Cholesterolkonzentration, also das sogenannte „schlechte“ Cholesterin, im Blut [7]. Anstatt dem klassischen Abendbrot sollte daher 1-2 mal pro Woche fettreicher Seefisch, wie Lachs oder Hering, auf dem Speiseplan stehen. Auch Walnüsse, Chia- und Leinsamen leisten einen Beitrag zur Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren.

 

Unser Fazit:

Eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung ist der beste Weg, um uns gesund zu ernähren. Bei Kohlenhydraten kommt es nicht zwangsläufig darauf an, so viel wie möglich davon einzusparen, sondern welche Form von Kohlenhydraten wir zu uns nehmen. Sollte doch an Kohlenhydraten gespart werden, ist es empfehlenswert, diese hauptsächlich durch pflanzliche Lebensmittel anstelle von tierischen Produkten zu ersetzen. Bei der Fettzufuhr gilt dasselbe. Es geht hauptsächlich um die Qualität und Quelle der Fette. Auch bei dem Verzehr von Obst, in welcher Form auch immer, sollten wir stets den Fruchtzuckergehalt im Hinterkopf behalten. Unser Tipp: Die Hälfte des Tellers mit fettarm zubereitetem Gemüse füllen, auf eine hochwertige Kohlenhydratquelle setzen und mit verschiedenen Proteinquellen ergänzen - das bereichert auch unsere westlichen Ernährungsgewohnheiten in gesundheitlicher und geschmacklicher Hinsicht.

 

 

Quellen:

[1] Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (2012). 5 am Tag. Abgerufen von: https://www.dge.de/fileadmin/public/doc/ws/stellungnahme/DGE-Stellungnahme-Gemuese-Obst-2012.pdf

[2] Zok, C. (2014). Fruktoseunverträglichkeit: Vorsicht vor zu viel Fruchtzucker! Deutsche Medizinische Wochenschrift 139(10), 466-467.

[3] Stricker, S., Rudloff, S., Geier, A., Steveling, A., Roeb, E., & Zimmer, K.P. (2021). Fructosekonsum – freie Zucker und ihr Einfluss auf die Gesundheit. Deutsches Ärzteblatt 2021(118), 71-80. Abgerufen von: https://www.aerzteblatt.de/archiv/217599/Fructosekonsum-freie-Zucker-und-ihr-Einfluss-auf-die-Gesundheit

[4] Ebbers, B. (2016). Richtig ernährt bei Lebererkrankungen. Abgerufen von: https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s00735-016-0683-y.pdf

[5] Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (2000). Kohlenhydrate. Abgerufen von: https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/kohlenhydrate-ballaststoffe/?L=

[6] Seidelmann, S.B. et al. (2018). Dietary carbohydrate intake and mortality: a prospective cohort study and meta-analysis. The Lancet Public Health 3(9), 419-428. Abgerufen von: https://www.thelancet.com/journals/lanpub/article/PIIS2468-2667(18)30135-X/fulltext#seccestitle10

[7] Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (2015). Fettzufuhr spielt Rolle für die Prävention von Krankheiten. Abgerufen von: https://www.dge.de/presse/pm/dge-empfiehlt-auf-fettmenge-und-qualitaet-achten/

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